Erwartungen, die uns abhängen

Wochenende. Entspannung?

Ganz so einfach scheint das gar nicht zu sein. Sind es doch viele Menschen, die so viel Anspannung in sich tragen, dass ein Wochenende gar nicht mehr reicht, um diese loszulassen.

Der Druck, Erwartungen gerecht zu werden, eigenen, der Familie, der Freunde, der Mitarbeitenden. Und dann hören die ja auch am Wochenende nicht auf. Auch Freizeit ist bei vielen schon lange nicht mehr frei. Nein, nicht nur, weil sie auch am Wochenende arbeiten, sondern auch, weil dort neue Erwartungen lauern.

Was würde passieren, wenn wir sie einmal ausziehen? Wie einen alten Wintermantel, der uns zu schwer geworden ist, auch wenn er noch gut wärmt. Der unserem Stil eigentlich längst nicht mehr entspricht. Ja, auch wenn er einmal teuer war und viele Erinnerungen mit sich trägt. Warum ihn nicht ausziehen, sorgfältig aufhängen und ein wenig da hängen lassen? Und vielleicht, auch ein wenig erleichtert, ein anderes Kleidungsstück finden, dass funktional unsere eigenen Bedürfnisse beantwortet? Und möglicherweise würden wir eines Tages den alten Wintermantel anschauen und sehen, wie schäbig er aussieht und wenn wir ihn vom Bügel nehmen, um uns endgültig davon zu verabschieden, würden wir feststellen, wie unheimlich schwer er doch war und kaum glauben können, wie lange wir mit ihm herumgelaufen sind. Loslassen fiele uns dann nicht nur leicht, sondern wäre eine wahre Entlastung.

Erwartungen sind an sich eine interessante Angelegenheit, oder nicht?

Es sind keine Ziele, die in irgendeiner Form strategisch oder bewusst gesetzt worden sind. Sie sind oft genährt von inneren Glaubenssätzen, die wenig reflektiert sich aus Sollte-Sätzen speisen. Sätze also, die wir in der Form „ich sollte…“ oft als langjährige Narrative mit uns herumschleppen, ohne wirklich bewusst darüber zu reflektieren, ob das, was wir da „sollten“, wir auch wirklich möchten oder könnten.

Nicht wenige dieser Sätze stammen aus ganz frühen Jahren, in denen wir uns die Welt zusammengebaut haben, Zeiten, die sich noch anders anfühlten und sich anders darstellten. Gerade so, als würden wir eben jenen alten Wintermantel auch in tropischem Klima tragen, weil halt in Europa gerade Winter ist.

So ein Frühlingswochenende scheint da der perfekte Zeitpunkt, diesen Mantel auszuziehen und mit einem Frühjahrsputz alte Narrative, Glaubenssätze und vor allem all die Erwartungen mal gründlich auszulüften und wahrhaft entspannt und locker durch das Wochenende zu tanzen.

Darf ich bitten?

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