Der Kater bringt mich zum Nachdenken
Ich habe seit neuestem eine Katze. Pebbles – ein lustiger grau-brauner British Kurzhaarkater. Und da er mein Büro mit mir teilt (neben so vielem anderen) komme ich gar nicht umhin, ihn zu beobachten und natürlich auch von ihm zu lernen.
Wie viele andere Hauskatzen auch, hat er, aus meiner Menschensicht, ein gutes Leben. Er wird allseits geliebt, versorgt, gekuschelt, bespielt und kriegt alles, was wir Menschen denken, was er so braucht (und vermutlich noch ein bisschen mehr).
Pebbles ist recht eigenwillig, wenn es um Nähe geht und er macht das deutlich klar. Er weiß aber auch genau, wann eine Kuschelattacke unser Herz erwärmt und er seinen Wünschen damit Entgegenkommen organisieren kann.
Er hat es gelernt zu manipulieren und ist damit recht professionell.
Menschen in Organisationen
Ich kann gar nicht umhin, ihn mit Personen in Organisationen zu vergeichen. Personen, die in eine bestimmte Situation hineingebracht werden und gefühlt nicht viel daran ändern können, weil es für sie bestimmte äußere oder innere Zwänge gibt.
Sie passen sich an und versuchen, die Organisation dahingehend zu beeinflussen, dass es für sie passender ist.
Wir waren eine Familie, die eine Katze adoptiert hat. Nun sind wir eine Katzenfamilie.
Ist das automatisch etwas schlechtes? Sicher nicht. Wir hier wissen alle, dass der kleine Kerl mit seinem zarten Miauen und den süßen Telleraugen uns alle im Griff hat. Wir haben uns angepasst, und er sich auch an uns.
Menschen in Organisationen verändern diese und solange die Organisation das bewusst zulässt, kann das eine gute und gesunde Sache sein. Neue Menschen in der Organisation bringen neue Impulse, neue Bedürfnisse und die Organisation muss sich anpassen, genau wie die Menschen auch an sie. Ein Aufeinander- zu- bewegen ist dabei eine gute Art organisatorischer Entwicklung.
Die Vorbesitzerin des Katerchens hatte ganz ähnliche Zugänge zu Haustiersorge wie wir, deshalb war es für uns und das Katerchen einfach, uns aneinander zu gewöhnen. Diesselben Regeln, Zeiten, das familiäre Setting.
Menschen geht es oft nicht so gut.
Veränderungen und Loslassen
Manche suchen bewusst nach einer anderen Organisation, einer Gemeinschaft, die bewusst anderen Regeln und einem anderen Selbstverständnis folgt, als die vorherige. Und auch das kann gut funktionieren. Aber es funktioniert nur dann wirklich gut, wenn das, was der Einzelne an „Andersartigkeit“ mitbringt, willkommen ist und wenn derjenige auch das Alte bewusst hinter sich gelassen hat und damit reflektiert abgeschlossen hat.
Ein lieber Kollege hat mir letztens gesagt, als ich ihm von einem Projektabbruch erzählte, der mir noch auf der Seele lag, dass ich die Zeit des Trauerns wahrnehmen solle, um danach wieder offen für ein weiteres Projekt zu sein. Und tatsächlich habe ich das tun müssen.
Wie unser Kater, der etwa vier Tage lang sehr ruhig und in sich gekehrt wirkte, als er bei uns ankam. Und sich erst danach langsam auf uns zu bewegte.
Mittlerweile habe ich meine Fensterbank ausgeräumt, weil er so gern den Wolken und Vögeln hinterherschaut und ich habe hier auf meinem Schreibtisch eine Ecke für ihn freigeräumt, auf der er bei Videocalls alles gut unter Kontrolle hat.
Symbiotisch ist wohl ein gutes Wort dafür – übrigens auch für eine Organisation in der Transformation.
Habt eine gute Woche, Ulrike (jetzt ‘crazy cat lady’)